Das Farbenspektrum

Die Erklärung der Farberscheinungen stellte im 17. Jahrhundert für die aufkommende wissenschaftliche Optik ein schwieriges Problem dar. Die aristotelische Lehre erklärte die Farben als eine Mischung von Licht und Dunkelheit, doch der Naturforscher Marcus Marci (1595-1667) konnte durch diverse Prismenversuche diese Ansicht erstmals erschüttern.


Zerlegung der Farben

Einen entscheidenden Fortschritt, der Aufschluß über die Natur des Lichts gab, erzielte 1666 Isaac Newton (1642-1727). In einen verdunkelten Raum ließ er durch einen Spalt Sonnenlicht einfallen und schräg auf ein Glasprisma auftreffen. Der Strahl wurde zweimal gebrochen, einmal beim Eintritt in das Prisma und nochmals beim Austritt. Auf einem Auffangschirm erschien ein farbiger Bandstreifen, der den Farben des Regenbogens entsprach. Auch die Reihenfolge war dieselbe und die Übergänge von violett zu blau, grün, gelb, orange und rot fließend. Newtons Prismenexperiment
Newtons Prismenexperiment.
Die Wiedervereinigung des Farbstreifens ergab vollkommenes und reines Weiß. Newton schloß daraus, daß das weiße Licht in Wirklichkeit ein Gemisch aus verschiedenen "Lichtsorten" war, oder, wie man heute präziser ausgedrückt, aus verschiedenen Wellenlängen, die im Prisma unterschiedlich stark gebrochen werden. Wenn man also von "Farbe" spricht, so meint man in Wirklichkeit die Wellenlänge, die im Auge registriert und im Gehirn zu einem entsprechenden Eindruck verarbeitet wird. Das farbige Lichtband heißt Spektrum; mathematisch stellt es eine Verteilungsfunktion von Energien auf die verschiedenen Wellenlängen dar.


Dispersion

Der Grund für die Aufspaltung des Lichts, wenn es durch ein Prisma fällt, liegt in der sogenannten Dispersion (lat. Zerstreuung, Verteilung). Alle Stoffe haben nämlich für jede Wellenlänge eine etwas andere Brechzahl. Für blaues und rotes Licht unterscheiden sich die Brechzahlen normalerweise um weniger als 0,03. Dies reicht aus, um die Wellenlängen in geeigneter Entfernung zu trennen. Der Brechungswinkel wird um so größer, je kleiner die Wellenlänge ist - oder umgekehrt ausgedrückt: die kurzen Wellenlängen (violett) werden stärker gebrochen als die langen (rot). Dispersion im Prisma
Zerlegung des weißen Lichtes im Prisma.


Elektromagnetische Strahlung

Um 1800 hielt der Astronom Wilhelm Herschel (1738-1822) ein Thermometer in das Spektrum des Sonnenlichts, und zu seiner Überraschung stieg es jenseits des roten Endes an. Das bedeutete, daß es außerhalb der sichtbaren Farben noch eine weitere, unsichtbare Strahlung geben mußte. Herschel entdeckte das Infrarot, das unsere Haut als Wärmestrahlung empfindet. Das von der Sonne ausgesandte Licht enthält nicht weniger als 60% an infraroter Strahlung, und sie ist auch der Hauptbestandteil glühender Stoffe. Herschel entdeckt das Infrarot
Herschel entdeckt die Infrarotstrahlung.
Das andere Ende des Spektrums untersuchte der Apotheker Johann Wilhelm Ritter (1776-1810), als er Silbernitrat unter dem Einfluß des blauen Lichts in metallisches Silber zerlegte. Er entdeckte, daß diese Reaktion jenseits des violetten Spektrums noch schneller ablief. Damit wurde das Spektrum auch zum ultravioletten Ende erweitert (UV-Licht). Das vom menschlichen Auge wahrnehmbare Licht ist tatsächlich nur ein sehr winziger Ausschnitt der breiten Skala, die man allgemein als elektromagnetisches Spektrum bezeichnet. In ihrer physikalischen Natur unterscheiden sich die Strahlungsformen des elektromagnetischen Spektrums nicht; die Unterteilung benutzen wir wegen der verschiedenen Techniken, die zur Detektion der jeweiligen Strahlung benötigt werden.
Der Kosmos ist angefüllt mit Strahlung in allen Wellenlängenbereichen, es gibt Objekte im Gammabereich, gleichsam wie Radioquellen. Das Auge registriert Wellenlängen lediglich zwischen 400 nm (blau) und 700 nm (rot), weil unsere Sonne in diesem Bereich das Maximum ihrer Lichtenergie ausendet und die Evolution sich dem angepaßt hat. Hinzu kommt die Tatsache, daß die Erdatmosphäre in fast allen Bereichen undurchsichtig ist, d.h. die Strahlung dringt nicht bis zum Erdboden vor.
Durchlässigkeit der Strahlung in der Atmosphäre.
Die Durchlässigkeit ist auf wenige schmale Spektralabschnitte beschränkt, die anschaulich als "Fenster" bezeichnet werden, z.B. optisches Fenster und Radiofenster.


Grundlagen der Farbmetrik

Die Farbe ist ihrem Wesen nach keine physikalische Eigenschaft, sondern eine Sinnesempfindung. Sie wird durch eine äußere Ursache, der Strahlung, ausgelöst, indem sie ins Auge gelangt, bestimmte Nervenzellen reizt, und der Reiz im Gehirn zu einem Eindruck "Farbe" verarbeitet wird. Die Strahlung ist ein physikalischer Vorgang, sie existiert in jedem Fall; aber für die Farbempfindung bedarf es eines lebenden Organismus, welches sich eines Nervenreizes bewußt werden kann. Ohne diese biologische Voraussetzung würde der Begriff der Farbe gar nicht existieren, der der Strahlung aber schon!

Eine mathematisch fundierte Methode zur Beschreibung von Farben entstand im 19. Jh. und ist im wesentlichen im Chromatizitätsdiagramm zusammengefaßt. Seine Herleitung hat einen komplizierten Hintergrund, aber das Resultat ist einfach zu verstehen.

Alle in der Natur vorkommenden Farben lassen sich durch 3 sogenannte Primärfarben erzeugen. Die Primärfarben können beliebige, wohl unterscheidbare, reine Spektralfarben sein; in der Regel wählt man sie als rot, grün und blau - sie stehen in den drei Ecken des Dreiecks. Das Diagramm beinhaltet zwei Farb-"dimensionen", die Spektralfarbe sowie die Farbsättigung. (Mit Farbsättigung ist die Reinheit des Farbtons gemeint, d.h. das Fehlen einer Beimischung von Weiß.) Die Spektralfarben sind entlang der äußeren gebogenen Linie aufgetragen; diese Linie von violett über grün zu rot repräsentiert eine 100%-ige Sättigung, also absolute Reinheit. Ein Punkt entlang dieser Linie entspricht einer einzelnen Wellenlänge, wie sie von einem Laser emittiert würde. Die untere Kante repräsentiert die reinen Purpurgrade, also Mischungen aus reinem Blau und reinem Rot.

Chromazitätsdiagramm
Vereinigt man alle Spektralfarben der gebogenen Randlinie, so erhält man Weiß. Dieses wird durch einen einzelnen Punkt im Zentrum markiert. Alle anderen Punkte im Inneren des Diagramms sind ungesättigte Farben, also diejenigen, die aus der Mischung einer Spektralfarbe am Rand plus Weiß entstanden ist. Die Sättigung stellt somit einen Streckenbruchteil vom weißen Punkt zur Grenzlinie dar.
Beim beschriebenen Vorgang handelt es sich um die additive Farbmischung, erzeugt durch die Vereinigung von Licht monochromatischer Strahler. Die meisten Farben unserer Umgebung entstehen subtraktiv, d.h. indem Stoffe gewisse Spektralbereiche absorbieren. Diese Farben fehlen dann im Spektrum, und es wird die Komplementärfarbe sichtbar. Die subtraktive Mischung von Komplementärfarben ergibt Schwarz, weil alle Absorptionsbereiche zusammengenommen kein Licht mehr durchlassen.
Additive und subtraktive Farbmischung


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Last modified: 2001, Mrc 25